Dem Lampre-Team droht der Ausschluss vom Giro d’Italia, der am 7. Mai mit einem Teamzeitfahren in Turin startet und am 29. Mai mit einem Einzelzeitfahren in Mailand endet. Teamchef Giuseppe Saronni sowie die Topfahrer Damiano Cunego und Alessandro Ballan sind in den Sog ausgedehnter Anti-Doping-Ermittlungen geraten.
Der Anti-Doping-Chefankläger von Italiens Olympischem Komitee (CONI), Ettore Torri, will Cunego und Ballan in den nächsten Tagen vorladen. Auch Saronni soll in Zusammenhang mit einem ausgedehnten Dopingskandal befragt werden, in dem die Staatsanwaltschaft Mantua ermittelt. Torri überprüft die Vorwürfe, die die lombardischen Staatsanwälte gegen die beiden Radprofis und Saronni erhoben haben.
Nach mehr als dreijährigen Ermittlungen kamen sie nach Angaben der italienischen Sporttageszeitung „Gazzetta dello Sport“ am Mittwoch zu dem Schluss, dass der Lampre-Rennstall 2008 und 2009 sein Team systematisch gedopt hat. Die Staatsanwaltschaft Mantua erhob Anklage gegen insgesamt 32 Personen. Ballan und Cunego sind demnach nur zwei Verdächtige von vielen.
Sollte es unbestreitbare Beweise geben, will der CONI-Chefankläger das Anti-Doping-Gericht aufrufen, eine vorläufige Suspendierung des Giro-Siegers von 2004 (Cunego) und des Weltmeisters von 2008 (Ballan) auszusprechen, berichtete die „Gazzetta“. In diesem Fall würden Lampre im Mai auch nicht am Giro teilnehmen dürfen. Ballan, der 2007 auch die Flandern-Rundfahrt gewonnen hatte, wird eine Eigenbluttransfusion vor dem Giro d’Italia 2009 vorgeworfen, an dem der 31-Jährige später nicht teilnahm. Im Mittelpunkt der Untersuchungen steht der Apotheker Guido Nigrelli, der mit Saronni befreundet ist. Ihm wird vorgeworfen, seit mehr als zehn Jahren Dopingpräparate zu vertreiben. Die Anschuldigungen der Staatsanwaltschaft basieren unter anderem auf Lauschangriffen und Videoaufnahmen.
Indes warf das CONI dem eigenen Radsportverband mit ungewöhnlicher Schärfe ein zu lasches Vorgehen gegen Doping vor. „Der Radsport muss einen Schlussstrich ziehen und konkrete Maßnahmen ergreifen“, forderte CONI-Präsident Gianni Petrucci nach einer Verbandssitzung am Dienstagabend in Rom. Er sei „sehr besorgt“, sagte der 65-Jährige, der vom italienischen Verbandschef Renato Di Rocco ein sofortiges Handeln forderte: „Er muss sagen: Hört auf damit, weil euch keiner mehr glaubt.“
Petrucci sieht die Glaubwürdigkeit des Rennsports wegen der zahlreichen Dopingfälle am Boden. „Jedes Mal, wenn wir uns über einen Sieg freuen, folgt danach die Enttäuschung“, sagte Italiens oberster Sportfunktionär. Seit 2000 wurden in Italien 65 Radprofis wegen Dopings verurteilt - mehr als in jedem anderen Land. Dem Olympiazweiten von Peking 2008, Davide Rebellin, entzog das CONI 2009 wegen nachträglich nachgewiesenen CERA-Blutdopings die Silbermedaille.
Verschärfte Sanktionen
Der italienische Radsportverband reagierte umgehend auf die Kritik: „Wir werden beim Weltkongress in Kopenhagen im September offiziell die Verdoppelung der Dopingsperren bei der ersten Disqualifikation von zwei auf vier Jahre vorschlagen“, erklärte Verbandschef Di Rocco und ist damit auf einer Linie mit dem Weltverbandspräsidenten Pat McQuaid. Außerdem werde sich Italien für ein sofortiges, lebenslanges Berufsverbot im Radsport für dopende Trainer, Mediziner und Betreuer einsetzen.
Quelle: Sport@ORF
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